Der Regionaljournalismus ist unter Druck. In Graubünden ist die Tageszeitung «Südostschweiz» davon betroffen. Jahrzehntelang waren die Regionalzeitungen in der Schweiz profitabel, doch das Geschäftsmodell bricht auseinander. Seit dem Siegeszug des Internets und des Smartphones verlagert sich die Werbung ins Internet, Onlineangebote konkurrieren mit dem Journalismus – auch bei der Somedia, dem Medienunternehmen der Familie Lebrument.
Es geht um viel für das Bündner Medienhaus Somedia, das seit einigen Jahren von der zweiten Generation der Familie Lebrument geführt wird. Es sei dringend notwendig, ein neues Geschäftsmodell zu finden, sagt Susanne Lebrument, Delegierte des Verwaltungsrates: «Entscheidend für unser Überleben sind die nächsten zwei bis drei Jahre.»
Ein deutsches Journalisten-Duo soll es richten
Rettung bringen soll das Geschäft im Internet. Dafür holte das Medienhaus Ende 2023 den deutschen Journalisten Joachim Braun. Braun leitet heute den gesamten Bereich Medien. Seit Februar 2025 ist Nikola Nording neue Chefredaktorin der «Südostschweiz». Der Geschäftsführer Braun hat fünf Jahre lang mit der 36-Jährigen in Norddeutschland zusammengearbeitet. Braun: «Sie soll die Digitalisierung der Zeitung genauso gut umsetzen, wie sie es zuvor in Ostfriesland getan hat.»
Um Online-Artikel für mehr Leserinnen und Leser attraktiv zu machen, konzentriert sich Nording auf die sogenannten «user needs». Neun verschiedene Kategorien sollen unterschiedliche Leserbedürfnisse abdecken. Matthias Künzler, Professor für Medienwissenschaften (FU Berlin / FH Graubünden), ist skeptisch. Er bezeichnet die Nutzerbedürfnisse als «Marketingmethode», hinter der die Annahme stecke, dass die Leute etwas kaufen, wenn sie es haben wollen.
Das funktioniert für Nutella oder Smartphones, aber im Medienbereich funktioniert das nicht.
Wie gut ein Artikel gelesen wird, ist bei der «Südostschweiz» eine wichtige Vorgabe. Dies hat Folgen für die politische Berichterstattung. Im Mittelpunkt sollen nicht mehr die Voten der Politikerinnen und Politiker stehen, sondern die unmittelbaren Folgen der politischen Entscheide für die Leserinnen und Leser.
Wir müssen den Spagat finden zwischen Themen, die zum Nachdenken anregen, und dem, was die Leute wollen.
Im Kantonsparlament stösst der neue Kurs auf Kritik. Mehrere Grossräte sagen, es fehle an Einordnung und der Informationsbedarf der Bevölkerung werde vernachlässigt.
 
            